16. Flying Carpet 2002
Arbeitstagung der Zootierärzte im deutschsprachigen Raum, München, 2002
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Der Fliegende Teppich- auch eine Möglichkeit der Immobilisation
Sven und Catrin Hammer, Al Wabra Wildlife Preservation
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Mit dem “Magischen Handtuch†haben wir uns letztes Jahr damit auseinandergesetzt, wie man Gazellenpatienten zur wiederholten Behandlung, mit Hilfe einer Augenblende tierschonend fixieren und beruhigen kann.
Dieses Mal möchten wir eine einfache Fangmethode vorstellen, die wir in Al Wabra bei kleineren Gazellen und Antilopen ( bis 20 kg), bei nur einmaligen und kurzen Indikationen anwenden, so zum Beispiel bei streng subkutanen Impfungen, Chiperkennungen, kurzen veterinärmedizinischen Eingriffen, oralen Applikationen, Blutentnahmen und bei großvolumigen Injektionen. Hierbei sind für uns folgende Kriterien besonders wichtig: die Methode muss tierschonend, schnell durchführbar, einfach in der Handhabung und sicher für Mensch und Tier sein. Auch sollten mit der Anwendung keine baulichen Veränderungen einhergehen. Die herkömmlichen Immobilisationsmethoden konnten aus den verschiedensten Gründen diesen Anforderungen nicht gerecht werden:
Nachteile bei Netz- und Kescherfang sind das langwieriges Befreien aus den Maschen, der daraus resultierende Stress und das Verletzungsrisiko.
Die Distanzimmobilisation erweist sich als zu aufwendig, hinsichtlich des Zeitaufwandes für Narkosevorbereitung, Überwachung der Aufwachphase. Die Applikation einer Impfung steht nicht im Verhältnis zum Narkoserisiko einer medikamentellen Immobilisation, ebenso verhält es sich bei der Anästhesie von kranken Tieren. Bei kleinen Tieren ist auf weite Distanzen das Verletzungsrisiko größer als der Nutzen der Distanzimmobillisation.
Die Anwendung eines Zwangskäfigs/ -kiste  ist umständlich in der Handhabung vor allem kleinerer Tiere.
Unsere Lösung: “Der Fliegende Teppichâ€
Zur Anwendung dieser Fangmethode benötigt man eine Segeltuchbahn, die mindestens 1.80m hoch, sowie 10 – 20m lang sein sollte, je nach Platzangebot der Stallungen ist die Länge variierbar. Nun zum wesentlichen Teil, dem “Teppichâ€: bei der etwas irreführenden Bezeichnung “Fliegender Teppich†handelt es sich eigentlich um eine „Hammersche“ Namensschöpfung. Dazu muss man aber wissen, das a) im Schwäbischen kein Unterschied zwischen Decke und Teppich gemacht wird und es b) thematisch gut zu unserer orientalischen Wirkungsstätte passt. Ganz unspektakulär verbirgt sich hinter dem “FliegendenTeppich†eine ganz ordinäre Decke. Aber diese muss bestimmte Kriterien erfüllen: lichtdicht muss sie sein, etwas schwerer und ca. 2x2m groß. Am besten Omas alte Wohnzimmerdecke! Des weiteren werden zum Führen der Decke und zum späteren Fixieren des Tieres mindestens 3 Leute benötigt.
Um Mißverständnisse zu limitieren ist vor Beginn jeder Aktion eine klare Aufgabenverteilung essentiell. Zunächst wird die zu fangende Gazelle im Stall separiert.
Im Nachbarstall oder Absperrgehege wird auf die Breite der Verbindungstür ein Korridor aus Segeltuch aufgestellt. Zur Stabilität sind alle 1,5 m Holzstiele an der Segeltuchbahn befestigt. Die Enden werden an der Wand, bzw. der Tür fixiert, können aber auch einfach nur gehalten werden. Das Tier wird nun in den Korridor eingelassen oder eingetrieben, dicht gefolgt vom “Fliegenden Teppichâ€, der von drei Leuten wie ein Schild vor sich hergeführt wird. Der Mittelmann koordiniert den Vorgang, die Seitenmänner müssen peinlichst darauf achten, das keine Durchschlupfmöglichkeiten für das Tier entstehen. Ist dann das Tier an das Ende des Korridors in die Enge gedrückt, wird die Decke vom Mittelmann rasch über das Tier geworfen. Es ist gefangen! Da es sich nun in totaler Finsternis befindet, legt es sich erfahrungsgemäß sofort unter der Decke ab. Es wird nun von den 3 Leuten im Teppich fixiert. Die Decke wird teilweise entfernt, sodass eine Augenblende angelegt und das Tier in die sternalen Sitzposition verbracht werden kann.
Je nach Verhalten des Tieres wird die Decke entweder ganz entfernt oder weiter als Fixaktionshilfe verwendet. Nun kann die anstehende Behandlung vorgenommen werden. Ein großer Vorteil dieser Fangmethode ist, das bei auftretenden Problemen, das Tier sofort wieder freigelassen werden kann. Meist sind die Tiere aber sehr ruhig, sodass z.B. auch ein Verbringen in die Wiegebox toleriert wird.
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Vor jedem Einsatz sind Trockenübungen ein Muss! Mit einem Pfleger als “Pseudogazelle†sollte allen Beteiligten veranschaulicht werden, worauf zu achten ist und was man tunlichst vermeiden sollte. So kann z.B. ein falsch geführter Teppich schnell zur Stolperfalle werden und die ganze Aktion zum Scheitern bringen .
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der “Fliegende Teppich†eine einfache, schnelle, sichere, kostengünstige und mit etwas Übung eine fast überall durchführbare Immobilisationsmethode kleinerer Antilopen und Gazellen darstellt.
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Anschrift der Verfasser:
Dr.Sven Hammer und Catrin Hammer, Al Wabra Wildlife Preservation,
P.O. Box 7935, Doha, State of Qatar,
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